Ortsparteitag blickt zurück und diskutiert lebhaft
Berichte aus der Kommunal- und der Bundespolitik standen im Blickpunkt des FDP-Ortsparteitages 2023 am 1. Juni im Restaurant „Zur Quelle“. Nach einem stillen Gedenken des kurz zuvor verstorbenen Horst Böttger, Mitbegründer des Ortsvereins, gab es auch zwei erfreuliche Personalien. Die Kassiererin und langjährige Ratsfrau Gisela Hauk wurde für 25 Jahre „sehr aktive“ Mitgliedschaft geehrt. Einstimmig wählte der Parteitag Anni Hossfeld zur Ehrenvorsitzenden. Mehr dazu in einem gesonderten Bericht.
Der Fraktionsvorsitzende berichtete von bewegenden Zeiten im Bad Lippspringer Stadtrat. Nach der Ablehnung des Haushaltes durch ein Bündnis aus Freie Wähler, SPD, Grüne und Linke sind viele politische Projekte in der Badestadt aktuell auf Eis.
Nach seiner Einschätzung wird es noch dauern, bis beispielsweise ein tragfähiges Verkehrskonzept verabschiedet werden kann. Eine zügige Annäherung der Parteien wäre im Sinne einer positiven Stadtentwicklung wünschenswert. Der gegenwärtige Freibadbetrieb in Zusammenarbeit mit der Therme werde solange aufrecht erhalten, bis er in die Neubauphase übergehe.
Auch die Liberalen im Bundestag wollen sich mit solider Haushaltspolitik profilieren. Das bestätigte der ostwestfälische Abgeordnete Jens Teutrine. Finanzen seien ein trockenes Thema, aber auch Königsdisziplin in der Politik. Das gebe der FDP angesichts einer dramatisch umgekehrten Finanzlage die Chance, in der Ampelkoalition liberale Akzente zu setzen. „Rekordeinnahmen trotz Rezession, Steuereinnahmen, wie noch nie, und dennoch 25 Milliarden Euro Defizit im Etat für 2024“, brachte Teutrine das Problem auf den Punkt.
Anders als unter seinen Vorgängern üblich, habe Finanzminister Christian Lindner (FDP) nicht die Ministerien, sondern mehr als 400 Fachverbände und Experten um Vorschläge für Kürzungen und für den Bürokratieabbau gebeten. Das liefere schwer zu schlagende Argumente für die anstehenden Einzelverhandlungen.
Viele Stimmen in Berlin forderten nach den Sonderbelastungen durch Corona und dem 100 Milliarden Sondervermögen für die Bundeswehr aufs Neue die Nichteinhaltung der Schuldenbremse. Dagegen wende sich die FDP und lehne Steuererhöhungen ab. Damit nehme Lindner die Ausgabenwut einzelner Ministerien in eine „doppelte Klammer“. Ansätze sieht Teutrine bei der Kindergrundsicherung. Ministerin Lisa Paus (Grüne) verlange 12 Milliarden Euro, sage aber nicht wofür.
Beim heftig umstrittenen Gebäudeenergiegesetz profiliere sich die FDP derzeit als „Stimme der Vernunft“, sagte er in seinem Bericht aus Berlin weiter. „Klimaschutz gegen Menschen funktioniert nicht.“ Wärmepumpen seien nicht in jedem Fall ideal und teure Förderprogramme machten ein schlechtes Gesetz auch nicht besser. Die bislang gesetzten Fristen und Altersgrenzen seien schlicht „unerklärlich“. Ein erster Erfolg für die FDP zeichne sich inzwischen ab. Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) sei bereit, doch noch über andere Technologien mit sich reden zu lassen. In Umfragen zum Heizungsgesetz werde die FDP als die für die Bürger beste Partei innerhalb der Ampel bezeichnet; aber, so Teutrine, 47 Prozent seien mit gar keiner der drei Ampelparteien zufrieden. „Das ist Stimmenbeschaffung für die AfD.“
Weitere Herausforderungen in der Bundespolitik sah der Referent bei der Rentenfinanzierung (bald 150 Milliarden Steuerzuschuss), Migration („steht auf dem Kopf“), der Übererfüllung europäischer Vorgaben und den Landtagswahlen 2024 in Ostdeutschland, wo die Zustimmung zur AfD sehr hoch sei.
Ortsvorsitzende Petra Krieger-Brockmann machte in ihrem Geschäftsbericht kein Hehl aus den „herben Verlusten der FDP“ bei der Landtagswahl im Mai 2022. Die Partei erzielte landesweit nur 5,9 Prozent der Stimmen und 5,8 Prozent auf Ortsebene. Nach Aufhebung der Corona-Beschränkungen habe es 2022 endlich wieder analoge Sitzungen und ein FDP-Sommerfest (30.07.22) in Kriegers Garten gegeben sowie am 10.12.22 das beliebte Weihnachtsessen in der Quelle. Am 19.01.23 folgte eine Informationsveranstaltung zum Thema „Schockanrufe, Enkeltrick und Internetbetrug“ mit dem Präventionsbeamten Randolf Latusek. Zwar hätten nur wenige Parteimitglieder den Weg zur FDP ins Lippe-Institut gefunden, dafür hätten sich aber 19 interessierte Besucher an dem lebhaften Austausch beteiligt.
Im Berichtsjahr sei auch die seit langem gewünschte Chronik der Bad Lippspringer FDP entstanden. Seit 1952, also seit 71 Jahren, sei die Partei durchgängig im Rat der Stadt vertreten. Die Vorsitzende beklagte: „Leider hat mein Aufruf, für neue Mitglieder zu werben, wenig gefruchtet.“ Aktuell zählt der Ortsverband 26 Mitglieder. Der Altersdurchschnitt betrage 59 Jahre. Krieger-Brockmann: „Wir müssen uns verjüngen!“ Es werde schwierig sein, die Wahlbezirke bei den anstehenden Kommunal- und Landtagswahlen zu besetzen. Interessierte, auch ohne Parteibuch, seien herzlich willkommen.