Ortsparteitag blickt zurück und diskutiert lebhaft

Gastredner beim Parteitag war der Bundestagsabgeordnete Jens Teutrine (Mitte) . Hier im Bild mit der Ortsvorsitzenden Petra Krieger-Brockmann. 

Berichte aus der Kommunal- und der Bundespolitik standen im Blickpunkt des FDP-Ortsparteitages 2023 am 1. Juni im Restaurant „Zur Quelle“. Nach einem stillen Gedenken des kurz zuvor verstorbenen Horst Böttger, Mitbegründer des Ortsvereins, gab es auch zwei erfreuliche Personalien. Die Kassiererin und langjährige Ratsfrau Gisela Hauk wurde für 25 Jahre „sehr aktive“ Mitgliedschaft geehrt. Einstimmig wählte der Parteitag Anni Hossfeld zur Ehrenvorsitzenden. Mehr dazu in einem gesonderten Bericht.

Viele Projekte liegen auf Eis

Der Fraktionsvorsitzende berichtete von bewegenden Zeiten im Bad Lippspringer Stadtrat. Nach der Ablehnung des Haushaltes durch ein Bündnis aus Freie Wähler, SPD, Grüne und Linke sind viele politische Projekte in der Badestadt aktuell auf Eis.

Nach seiner Einschätzung wird es noch dauern, bis beispielsweise ein tragfähiges Verkehrskonzept verabschiedet werden kann. Eine zügige Annäherung der Parteien wäre im Sinne einer positiven Stadtentwicklung wünschenswert. Der ge­genwärtige Freibadbe­trieb in Zusammenarbeit mit der Therme werde solange aufrecht erhalten, bis er in die Neubauphase übergehe.

 

Teutrine: Profil gewinnen mit solider Haushaltspolitik

Auch die Liberalen im Bundestag wollen sich mit solider Haushaltspolitik profilieren. Das bestätigte der ostwestfälische Abgeordnete Jens Teutrine. Finanzen seien ein trockenes Thema, aber auch Königsdisziplin in der Politik. Das gebe der FDP angesichts einer dramatisch umgekehrten Finanzlage die Chance, in der Ampelkoalition liberale Akzente zu set­zen. „Rekordeinnahmen trotz Rezession, Steuereinnahmen, wie noch nie, und dennoch 25 Milliarden Euro Defizit im Etat für 2024“, brachte Teutrine das Prob­lem auf den Punkt. 

Anders als unter seinen Vorgängern üblich, habe Finanzminister Christian Lindner (FDP) nicht die Ministerien, sondern mehr als 400 Fachverbände und Experten um Vorschläge für Kürzungen und für den Bürokratieabbau gebe­ten. Das liefere schwer zu schlagende Argumente für die anstehenden Einzelverhandlungen.

Viele Stimmen in Berlin forderten nach den Sonderbelastungen durch Corona und dem 100 Milliarden Sondervermögen für die Bundeswehr aufs Neue die Nichteinhaltung der Schuldenbremse. Dagegen wende sich die FDP und lehne Steuererhöhungen ab. Damit nehme Lindner die Ausgabenwut einzelner Mini­sterien in eine „doppelte Klammer“. Ansätze sieht Teutrine bei der Kindergrundsicherung. Ministerin Lisa Paus (Grüne) verlange 12 Milliarden Euro, sage aber nicht wofür.

Beim heftig umstrittenen Gebäudeenergiegesetz profiliere sich die FDP derzeit als „Stimme der Ver­nunft“, sagte er in seinem Bericht aus Berlin weiter. „Klimaschutz gegen Menschen funktioniert nicht.“ Wärmepumpen seien nicht in jedem Fall ideal und teure Förderprogramme machten ein schlechtes Gesetz auch nicht besser. Die bis­lang gesetzten Fristen und Altersgrenzen seien schlicht „unerklärlich“. Ein erster Erfolg für die FDP zeichne sich inzwischen ab. Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) sei bereit, doch noch über andere Technologien mit sich reden zu lassen. In Umfragen zum Heizungsgesetz werde die FDP als die für die Bürger beste Partei innerhalb der Ampel bezeichnet; aber, so Teutrine, 47 Prozent seien mit gar keiner der drei Ampel­parteien zufrieden. „Das ist Stimmenbeschaffung für die AfD.“

Weitere Herausforderungen in der Bundespolitik sah der Referent bei der Rentenfinanzierung (bald 150 Milliarden Steuerzuschuss), Migration („steht auf dem Kopf“), der Übererfüllung europäischer Vorgaben und den Landtagswahlen 2024 in Ostdeutschland, wo die Zustimmung zur AfD sehr hoch sei.

Vorsitzende: Wir müssen jünger werden

Ortsvorsitzende Petra Krieger-Brockmann machte in ihrem Geschäftsbericht kein Hehl aus den „herben Verlusten der FDP“ bei der Landtagswahl im Mai 2022. Die Partei erzielte landesweit nur 5,9 Prozent der Stimmen und 5,8 Prozent  auf Ortsebene. Nach Aufhebung der Corona-Beschränkungen habe es 2022 endlich wieder analoge Sitzungen und ein FDP-Sommerfest (30.07.22) in Kriegers Garten gegeben sowie am 10.12.22 das beliebte Weihnachtsessen in der Quelle. Am 19.01.23 folgte eine Informationsveranstaltung zum Thema „Schockanrufe, Enkeltrick und Internetbetrug“ mit dem Präventionsbeamten Randolf Latusek. Zwar hätten nur wenige Parteimitglie­der den Weg zur FDP ins Lippe-Institut gefunden, dafür hätten sich aber 19 interessierte Besucher an dem lebhaften Austausch beteiligt.

Im Berichtsjahr sei auch die seit langem gewünschte Chronik der Bad Lippspringer FDP entstanden. Seit 1952, also seit 71 Jahren, sei die Partei durchgängig im Rat der Stadt vertreten. Die Vorsit­zende beklagte: „Leider hat mein Aufruf, für neue Mitglieder zu werben, wenig gefruchtet.“ Aktuell zählt der Ortsverband 26 Mitglieder. Der Altersdurchschnitt betrage 59 Jahre. Krieger-Brockmann: „Wir müssen uns verjün­gen!“ Es werde schwierig sein, die Wahl­bezirke bei den anstehenden Kommunal- und Landtagswahlen zu besetzen. Interessierte, auch ohne Parteibuch, seien herzlich willkommen.

Gisela Hauk
Geehrt für 25 Jahre „sehr aktive Mitgliedschaft“: Gisela Hauk